Seit Jahrzehnten haben die USA und europäische Partner Deutschland immer wieder dazu aufgefordert, eine expansivere Wirtschaftspolitik zu betreiben und die Militärausgaben zu erhöhen. Deutschland hat diese Aufforderungen oft mit dem Hinweis auf Stabilitätsrisiken zurückgewiesen und sich als Trittbrettfahrer positioniert, der die eigene militärische Ausrüstung vernachlässigt.
Diese Haltung scheint sich nun zu ändern, seit die Trump-Administration ihre freundlichen Ermunterungen durch eine brachiale Rhetorik ersetzt hat. Diese aggressive Kommunikation hat Deutschland seine Verletzlichkeit vor Augen geführt und zu einer schnellen Reaktion der Berliner Politik geführt. Dabei werden auch langjährige finanzpolitische Prinzipien über Bord geworfen. Während die USA versuchen, ihre eigene Neuverschuldung zu reduzieren, könnte Deutschland durch höhere Staatsschulden nicht nur die heimische Konjunktur ankurbeln, sondern auch einen kleinen Beitrag zur Weltkonjunktur leisten.
➡️ Militärische Kapazitäten ausbauen
Ein erheblicher Ausbau der militärischen Kapazitäten steht nun auf der Agenda. Dies geschieht in einer Zeit, in der die USA ihre Streitkräfte entlasten wollen. Ohne den Kauf amerikanischer Rüstungsgüter wäre dieser Ausbau jedoch kaum möglich, selbst wenn er in Kooperation mit europäischen Partnern erfolgt, um die europäische Militärindustrie zu stärken.
Keith Kellogg, der Ukraine-Beauftragte der USA, beschrieb den aktuellen Umgang mit Kiew als ein "Schlagen auf die Nase eines Maultiers mit einem Kantholz". Diese Metapher lässt sich auch auf den Umgang der Trump-Administration mit Deutschland und Europa übertragen – und sie scheint zu funktionieren.
➡️ Wirtschaftliche Erwartungen und Herausforderungen
Die internationalen Finanzmärkte reagieren positiv auf die Aussicht einer aktiveren deutschen Investitionspolitik. Die Aufwertung des Euros, steigende Anleiherenditen und eine stabile Entwicklung des Aktienmarktes deuten auf eine erwartete wirtschaftliche Belebung hin. Erfahrene Marktteilnehmer trauen Deutschland zu, sich aus seiner bisherigen Selbstbeschränkung zu befreien.
Dennoch bleibt die Wirtschaftspolitik herausfordernd. Auch mit hohen Investitionen kann man wirtschaftliche Ziele verfehlen. Die schuldenfinanzierte Aufrüstung bleibt ein Ausnahmefall, um Deutschland vor sicherheitspolitischer Hilflosigkeit zu bewahren. Deutschland kann sich diese zusätzliche Verschuldung leisten, da nach den Verschuldungsschüben in der Finanzkrise und der Pandemie die Schuldenbremse für Mäßigung sorgte.
➡️ Notwendigkeit von Reformen
Die Vorstellung, dass allein durch Geldausgaben die Wirtschaft angekurbelt werden kann, ist jedoch irrig. Besonders in einem überregulierten Land wie Deutschland sind weitreichende angebotspolitische Reformen notwendig, um staatliche Investitionsprogramme effektiv zu flankieren. Nur durch effizienten Einsatz der Investitionsmittel kann die Produktivität spürbar gesteigert werden.
Die Debatte um die Finanzierung einer europäischen Militärpolitik zeigt, wie sehr Staatsverschuldung Handlungsspielräume begrenzen kann. Einige Länder möchten die Finanzierung auf die europäische Ebene verschieben, doch auch dort wäre es teuer, da die Kapitalmärkte die mäßige Bonität der EU erkannt haben.
➡️ Fazit
Deutschland steht vor der Herausforderung, seine Verteidigungsausgaben zu erhöhen und gleichzeitig wirtschaftliche Reformen umzusetzen. Die brachiale Rhetorik der Trump-Administration hat zwar kurzfristig Wirkung gezeigt, doch langfristig sind strukturelle Veränderungen notwendig, um das Wachstumspotenzial der Wirtschaft zu steigern. Die Kapitalmärkte lassen sich nicht einfach mit Druck beeinflussen – hier sind durchdachte und nachhaltige Lösungen gefragt.
LeChat, FAZ
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