Am vergangenen Wochenende war ich bei der Sicherheitskonferenz in München mit einer der begehrten Teilnehmer-Karten. Blauer Balken, blaues Band – damit durfte ich mich zwar nicht durch den gesamten Bayerischen Hof bewegen. Aber immerhin: Zugang zur Haupthalle, zu den Panels und vor allem zu den Treffpunkten an den Bars und im Saal mit den Stehtischen für spontane Begegnungen. |
Für Hintergrundgespräche in den Suiten des Luxushotels braucht man Extra-Einladungen und dann eine Eskortierung vom Erdgeschoss durch die von dicken Teppichböden gedämpften Flure in den oberen Etagen. Dort bekommt man dann bei Keksen und Cola einen noch intimeren Einblick in die komplexe internationale Sicherheitslage. |
Nirgendwo auf der Welt wird man so viele internationale Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitiker pro Quadratmeter finden wie einmal im Jahr an diesen drei Tagen im Bayerischen Hof in München. Es ist ein einziges Gedränge in den Fluren: Oh, das ist doch dieser Minister aus Katar, da die Außenministerin von Grönland und hier eine deutsche Wirtschaftsgröße. Alle hetzen von Gespräch zu Gespräch. München ist seit Jahrzehnten der Ort, an dem internationale Politik in ungezwungener Atmosphäre gemacht werden kann. Das war bisher der Reiz und die Grundlage für den Ruhm dieser Konferenz. |
![]() Hier trifft sich die Spitzenpolitik: Auf dem Podium der Münchener Sicherheitskonferenz diskutiert unter anderem Nato-Generalsekretär Mark Rutte. Quelle: ZUMA / Zuma Press |
In diesem Jahr aber war vieles anders. Die wichtigste Konstante fehlte: die Amerikaner als enge Verbündete Deutschlands und Europas. Also, die Amerikaner waren natürlich da – aber eben nicht mehr als diese verlässlichen Partner, die sie Jahrzehnte waren. Sie werden von der Rede des US-Vizepräsidenten J.D. Vance gelesen und gehört haben. Er hat den Europäern mangelnde Meinungsfreiheit vorgeworfen, weil sie Hetze und Lüge auf Social Media nicht einfach laufen lassen. Und dann hatte der Vertraute von Donald Trump zwar Zeit für AfD-Chefin Alice Weidel, nicht aber für Bundeskanzler Olaf Scholz. Zugleich vollbrachte er das Kunststück, in seiner Rede nicht einmal die Ukraine zu erwähnen. Warum er das vermied, wissen wir inzwischen auch: Es gab ohnehin den Plan, über die Ukraine ohne die EU und ohne das durch Russland überfallene Land zu verhandeln. In München hatte man auf den Beginn von Friedensgesprächen gehofft. Es folgte in der Woche danach ein Treffen zwischen US-Außenminister Rubio und seinem russischen Amtskollegen Lawrow, das man allenfalls als Diktatfriedensgespräch bezeichnen kann. |
Konferenz wird zum „europäischen Albtraum“ |
Die Stimmung bei dem Forum in München, das sich seit den 1960er Jahren von einer Wehrkundetagung zur wichtigsten internationalen Sicherheitskonferenz entwickelt hat, war eine komplett andere als in den Vorjahren. Bislang kamen zur MSC immer zahlreiche Transatlantiker, also jene, die eine europäisch-amerikanische Partnerschaft für die zentrale Grundlage einer regelbasierten Weltordnung halten. Doch was soll man mit Partnern anfangen, die Regeln im Sinne von Menschen- und Völkerrecht einreißen, die sie einst selbst aufgestellt und zum Exportschlager gemacht haben? Ganz zu Schweigen von guten Umgangsformen auf internationalem Parkett. Angesichts des Auftretens der Amerikaner sprachen manche sogar von einem „Kulturkrieg“. |
Während die Konferenz bislang stets für ihre große Ernsthaftigkeit stand, machten sich in diesem Jahr mitunter absurde Gerüchte breit. So hatten die USA beispielsweise mit einer Ankündigung dafür gesorgt, dass etliche Teilnehmerinnen und Teilnehmer darüber rätselten, ob denn auch noch eine russische Delegation eintreffen wird. Sie solle mit amerikanischen und ukrainischen Vertretern über ein Ende des Kriegs verhandeln, hieß es. Nur falls ja: Welchen Weg soll eine russische Delegation ohne Visa von Moskau nach München nehmen? Die Ankündigung entpuppte sich als Nebelkerze. |
Der scheidende Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, sagte nach dem Ende des dreitägigen Treffens, es sei „in gewissem Sinne ein europäischer Albtraum“ gewesen. Es habe auch gezeigt, dass „dieses Amerika unter Trump auf einem anderen Stern lebt“. Quelle: https://rnd.de |
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